Norwegen – eine Liebeserklärung

Ich weiß nicht mehr genau, wann es war… Aber auf meine Aussage, Halb-Norwegerin zu sein, entgegnete mir ein flüchtiger Bekannter mal: „Über Norwegen sagt man, es wäre lang und weilig!“
Ich war beleidigt, obschon ich wusste, dass es scherzhaft gemeint war.

Norwegen… Das ist für mich das Land, aus dem meine Mutter kommt, wo ich einen Großteil meiner Schulferien verbracht habe. Das sind die Trollgeschichten, die uns meine Mutter traditionsgemäß zum Einschlafen erfunden und dann erzählt hat, unbeschwerte Sommer in Holzhütten mit Außenklo an einem versteckt gelegenen und eiskalten See. Bitterkalte Winter mit Schnee bis zur Hüfte, mit einer Langlaufloipe zum Supermarkt. Mit Papa Lachse und Forellen angeln.

Norwegen, das ist seltsamer „fiske pudding“, eine feste Götterspeise aus Fisch, von der man Scheiben abschneidet und brät. Klingt gewöhnungsbedürftig und ist es wahrscheinlich auch, aber als Kind habe ich das geliebt. Weiterhin ist Norwegen die Heimat der weltbesten Schokolade, die es gibt. Vergesst Schweizer Schoki oder welche aus Belgien. Nichts kommt – wenn mein Gaumen sprechen und seine Meinung kundtun könnte – an Freia’s Melkesjokolade heran. Nichts.

Foto: http://sdg.no/work/freia-melkesjokolade-plater/
Foto: http://sdg.no/work/freia-melkesjokolade-plater/

Das müsst Ihr mir schon glauben. Ihr könnt auch meine Schwester fragen, die wird das gern bestätigen. Bis heute lassen wir uns diese Schokolade mitbringen, wenn meine Mutter einmal im Jahr hinfliegt. Als ich vor vier Jahren mal beruflich in Schweden zu tun hatte, hatte ich das große Glück, im Dutyfree-Shop des Kopenhagener Flughafens diese Schokolade kaufen zu können und ich nahm mit, soviel ich tragen konnte. Mittlerweile könnte ich sie wohl auch online bestellen. Obwohl es eigentlich schöner ist, wenn man sie nur selten genießt. So bleibt sie immer etwas besonderes.

Norwegen, das bin ich mit zehn im Ruderboot, mich so frei fühlend wie Pippi, ganz allein über den See zur kleinen Insel gerudert. Ich war unbesiegbar, die Welt gehörte mir.

Norge, wie es in der Landessprache heißt, das war auch a-ha 1985. Das war der kindlich-pubertäre Stolz, den ich empfand, als meine Mutter mir erzählte, dass sie die Mutter des Keyboarders von a-ha (Magne Furuholmen) kannte, mit ihr zur Schule gegangen ist, das waren die beiden Vinylalben, die ich mir von meinem Taschengeld zusammengespart hatte.

Norwegen, das ist auch ein Stück meiner Familiengeschichte. 1995 war ich zum letzten Mal dort. In dem kleinen Häuschen, das wir mit dem Geld einer kleinen Erbschaft meiner Mutter gekauft hatten. Mein Vater, mittlerweile seit einiger Zeit schon getrennt von meiner Mutter, war mit mir dort, zwei Wochen, glaube ich. Es war September, ich war 21 und hatte gerade mein erstes Studienjahr in Germersheim hinter mich gebracht. Wenn ich mich recht erinnere, wollte mein Vater ein paar seiner Sachen aus dem Haus holen, da dieses im Zuge der Trennung meiner Eltern verkauft werden sollte.
Das war ein besonderer Urlaub für mich damals, ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, mit meinem Vater auf Augenhöhe kommunizieren zu können.
Wir rauchten grottiges Homegrown vom Nachbarn zusammen und tranken ein paar (nicht zuviele, sind sehr teuer) norwegische Biere miteinander.

Wenn der Nachbar mit seinem riesigen aber gutmütigen Hund mal rüber kam (die hatten beide nicht mehr alle Latten am Zaun) fanden Papa und ich ihn gleich lustig.

Norwegen, das sind auch die Erinnerungen an meine beiden Cousinen Marit und Inger, Töchter des Bruders meiner Mutter. An meinen Onkel Einar und seine Frau Kari, die ich immer als ziemlich hölzern und unterkühlt wahrgenommen habe. An das große Haus, in dem sie lebten, um das ich sie immer beneidet hatte.

Norwegen fehlt mir. Ich kann es mir finanziell nicht leisten, dort Urlaub zu machen. Ich könnte natürlich recht preiswert bei Freunden in Oslo unterkommen. Aber Oslo kenne ich schon, da war ich oft. Ich will nach Lappland. Bodø. Tromsø. Da will ich hin. Das Nordlicht sehen, das ich angeblich schon als kleines Kind mal gesehen haben soll, wenn man meinem Eltern glaubt. Am Abgrund stehen und in den Fjord hinunterschauen.

Heia Norge, jeg elsker deg!

2 Antworten zu „Norwegen – eine Liebeserklärung“

  1. Das macht direkt Lust auf Norwegen. Ich will da auch mal hin. Ich hatte über Silvester norwegischen Besuch und die Erzählungen hörten sich toll an. Ich würde die Nordlichter und die Orkas sehen wollen. Und Norwegen ist ideal vor Australien zu bereisen… dann kommt einem Australien nicht so teuer vor wie es in Wirklichkeit ist. 🙂 Schöner Beitrag! Liebe Grüße aus Downunder. xx

  2. Norwegen, eine Liebeserklärung. Oh yeah! Gerade kurz überflogen. Oh Ja! Wer einmal dort war und geschnuppert hat, den lässt ‚Der Norden‘ so einfach nicht mehr los. Und ich bin froh darüber, dass mir dieses Land jetzt so quasi ‚kurz vor der Haustüre‘ liegt… LG. aus plön & für 2019 die Besten Wünsche!

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