Was lange braucht, wird endlich gut

Hinsichtlich bestimmer Aspekte ist es ratsam, gelassen zu bleiben. Spontaneität ist schön und gut und manchmal auch notwendig, aber gewisse Dinge sollten gut überlegt sein.
Meines Erachtens nach gilt das insbesondere für Tätowierungen – warum, muss ich Euch hoffentlich nicht erklären.

Mit Anfang, Mitte zwanzig habe ich mir damals in den Kopf gesetzt, mich tätowieren zu lassen. Irgendwann zu Weihnachten, ich glaube, es war 2000 oder 2001, schenkte mir mein damaliger Freund einen Gutschein für ein Tattoo. Um zu veranschaulichen, wie lange ich mir wirklich Zeit gelassen habe: ich habe den Gutschein nie eingelöst, unsere Trennung ist mittlerweile acht Jahre her.

Der Hauptgrund dafür, dass es sich so zog, war ganz simpel: ich wollte mir hundertprozentig sicher sein, dass ich mit dem Bild auf meiner Haut bis zum bitteren Ende leben kann. Irgendwie hatte ich es nie eilig damit, ich war mir sicher, irgendwann wirst Du es wissen, und dann machst Du es halt.

Der Moment, in dem ich es schlagartig wusste ist jetzt vielleicht sechs, sieben Jahre her. Ich hatte mir gerade die gesammelten Werke (zwei riesige Sammelbände im Wälzer-Style) von Gerhard Seyfried gekauft. Diesen Autor/Cartoonisten feiere ich seit meiner Kindheit, als ich meinem Vater den Klassiker „Wo soll das alles enden?“ geklaut und ihn nie wieder hergegeben hatte.
Ich saß da und blätterte versonnen, und dann plötzlich, auf Seite 538 des ersten der beiden Bände, hatte ich den Aha-Moment:

seyfried_buchseite

Diese Skyline von Berlin, im typischen Seyfried-Stil, das war mein Tattoo. Hier bin ich geboren, das nimmt mir niemand und wird sich nie ändern, ich liebe Berlin, auch wenn mir die Stadt oft genug kolossal auf den Sack geht.

Es war genauso gekommen, wie ich immer wusste, dass es kommen muss, wenn es denn sein soll, das Motiv hat zu mir gesprochen; es war um mich geschehen.

Einige Zeit später traf ich mich mit Sinem, der Tochter von Freunden meiner Eltern. Als sie ganz klein war, hab ich öfter auf sie aufgepasst (ich glaub, sie ist so zwölf Jahre jünger als ich…), mittlerweile hat mein Babysitterkind von damals selbst eine Tochter von acht Monaten, aber das nur am Rande. Sinem und ich plauschten, und zwischen der ersten und der zweiten Tasse Kaffee fiel mir ihr Tattoo auf dem Oberarm auf – eine Zeichnung von Gerhard Seyfried, das erkannte ich sofort, auch wenn mir der Comic, aus dem sie stammte, nicht sofort einfiel.

sinemtattoo_01

Was für ein geiler Zufall! Zumal es dafür sprach, dass wir einen ähnlichen Humor haben. Ich erzählte ihr von meiner Idee mit der Seyfried-Skyline und eine Stunde drauf verabschiedete ich mich und ging nach Hause.

Und wieder ging einige Zeit ins Land, ohne dass ich mich hätte tätowieren lassen – denn das Motiv finden ist ja nur der erste Schritt. Dann braucht man ja auch jemanden, der das entsprechend umsetzt.

Am 6. November 2008 rief mich dann Sinem an. Sie erzählte mir, dass sie am Vorabend auf einer Lesung von Gerhard Seyfried gewesen war. Ich wollte gerade neidisch werden, doch ich kam nicht dazu, ihre Story war einfach zu geil.
Nach der Lesung hat sie nämlich den Seyfried angequatscht. Ich weiß nicht, ob der noch geblieben ist (Comic-Signierungssession? Bierchen an der Bar?), oder sie ihn auf der Straße abgefangen hat. Frech genug dafür wäre sie (unter anderem dafür liebe ich sie. Pippi Langstrumpf wäre ultrastolz auf sie), aber das ist eigentlich egal. Sie zeigte ihm ihr Tattoo, was er großartig fand. Ich glaube mich erinnern zu können, dass Sinem meinte, er hätte sich wirklich und aufrichtig gefreut. Als sie ihm dann von meiner – noch nicht umgesetzten – Idee erzählte, zückte er kurzerhand den Filzstift und fertigte ruckizucki eine personalisierte Berlin-Skyline (mit fucking Widmung und Autogramm, bitches!!!) für mich an. Logo, dass das Ding gerahmt bei mir im Flur hängt, stolz wie Bolle bin ich darauf, obwohl ich gar nichts dafür getan habe, hehe.

seyfried_wand

Und, was soll ich sagen?
Das Ding trage ich seit gestern auf dem Arm. Der Saetchmo hat’s mir gestochen. Seitdem bin ich supergeflasht und happy. Als hätte sich irgendwie ein Kreis geschlossen.

Lustig ist, dass ich in der Zwischenzeit noch zwei weitere Tattoos habe stechen lassen, in die ich total verliebt bin.
Aber diese Skyline, als drittes und vorerst letztes Tattoo, die ist was besonderes. Weiß auch nicht. Ist auch egal, weil, sieht geil aus:

seyfried_arm

PS: Zum Release des Comics „Kraft durch Freunde“ (mit Ziska, erschienen im Tolkemitt-Verlag) lud mich mein alter Freund PR Kantate ein, den DJ für die Release-Party zu machen, und ich hatte das große Glück, Gerhard Seyfried mal zu treffen. Es war supervoll im Backstage, daher bin ich ihm nicht groß auf den Sack gegangen, aber doch, er ist definitiv einer von den Guten und ich bin wirklich glücklich, dieses Unikat von ihm auf der Haut zu tragen.

Eine Antwort zu „Was lange braucht, wird endlich gut“

  1. […] Ich bin sehr stolz, dass ich für Lena Mandarina diese sehr persönliche Widmung von Gerhard Seyfried als Tattoo umsetzen durfte. Es gibt auch eine schöne Geschichte dazu, die man auf Lenas Blog nachlesen kann. […]

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