Das erste Mal hast du mir geschrieben, da war ich 34, eher spät in meinem Leben. Du hast gewissermaßen einen neuen Lebensabschnitt eingeläutet und obwohl ich dich verdrängt hatte, war ich doch wenig überrascht, als ich deinen ersten Brief in der Post fand.
Ich mochte dich nicht. Bis heute kann ich dich nicht leiden und weiß gar nicht genau, warum. Habe immer bei mir gedacht, dass du zuviel verlangst und nicht genug zurückgibst. Hatte auch immer den Eindruck, dass man mit dir einfach nicht reden kann. Du warst der kompromisslose Bestimmer, ob man wollte oder nicht. Megakindisch, im Grunde genommen.
Deswegen hab ich mir auch immer Zeit gelassen, deine Briefe zu beantworten und deine albernen Forderungen zu erfüllen. Wollte dich am langen Arm verhungern lassen. Das war der Plan, aber er ging nie auf. Du hast deine guten Kontakte nach ganz oben immer schamlos ausgenutzt, ich hatte da überhaupt keine Wahl, wurde nie gefragt.
Stoisch gingst du mir auf die Nerven, oft schwankte ich zwischen Wut über deine Beharrlichkeit und Bewunderung ob deiner Geduld. Es war eine schwierige Beziehung, immer schon, eine, um die ich nie gebeten, die ich nie gesucht hatte. Und die mich nie loslassen wird.
Dabei war mir von Anfang an klar, wie ich den Kontakt abbrechen könnte, auf derart simple Weise, dass ich mich fragen lassen muss „Warum denn jetzt erst?“ Dich und deine Anhänglichkeit aus meinem Leben zu merzen, ist nämlich eigentlich erschreckend einfach.
Deinen nunmehr letzten Brief hielt ich vor ein paar Tagen in den Händen. Du wusstest noch gar nicht, dass es der letzte gewesen sein würde. Doch ich spürte, dass der Moment jetzt gekommen war. Unausweichlich. Weil eben irgendwann einfach Schluss ist. Schluss sein muss. Ich roch ein letztes Mal an dem Papier, betrachtete deine viel zu kleine Schrift. Wann haben mich deine Worte je glücklich gestimmt? Wann oder wo oder wie hat sich diese einseitige Beziehung weiterentwickelt?
Eben. Deswegen öffnete ich meine Banking-App und richtete einen Dauerauftrag über 18,36 Euro monatlich für dich ein.
Liebe GEZ, das war’s. Ich breche den Kontakt ab. Ich möchte nie wieder von dir hören.
Tangerine Tales 
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