.eVoLeTaH.

Wie ich die Zeiten vermisse, in denen wir, durch viele Kilometer getrennt, einfach nur telefonieren konnten. Quatschen, Neuigkeiten austauschen, über Kerle lästern. Wie dankbar ich war, dass wir ein entspanntes, druckloses Verhältnis hatten und ich nie das Gefühl hatte, bestimmten Erwartungen gerecht werden zu müssen. Außer Deinem Rat, mich nie von einem Mann abhängig zu machen, und den ich, bis auf einmal, stets befolgt habe.

Seit über einem Jahr ist jeder Moment, in dem Dein Gesicht auf meinem Display erscheint, der reinste Horror. Herzrasen, kalter Schweiß, Atemnot, jedes Mal, wenn ich das Foto auf meinem Handy sehe, auf dem Du einfach bildschön bist. Jeder Anruf wirft die Frage auf „What now? In welcher Klinik liegst Du diesmal? Welche Lüge, welche Ausrede wirst Du diesmal bringen?“

Ich habe sie alle gehört. Gerade bist Du wieder aus Haus 17 entlassen worden, vor einer Woche hieß es noch, Du wärst mit Pflegeheim oder betreutem Wohnen einverstanden. Am Telefon vor einer Stunde wolltest Du davon nichts mehr hören. Im Brustton Deiner Überzeugung (trust me, no one else believes your shit) sagtest Du mir, Du hättest entschieden, zu Hause zu bleiben und nicht mehr zu trinken. Und dass Du es diesmal gecheckt hättest. Ich wollte Dich auslachen (und hasste mich dafür), ich tat es aber nicht, denn die Al-Anon-Schritte sagen, man soll den Betroffenen ermutigen und unterstützen.

Sag mir, wie soll ich Dich unterstützen in einer Sache, von der ich nicht überzeugt bin? Das fühlt sich an, als würde ich Dich in den Abgrund schubsen, vor dem Du stehst.

Ich hasse Dich, wenn Du mich anbettelst, ich solle Dich besuchen kommen. Dass Du sagst, das würde Dir helfen. Dass Du gar nicht checkst, was das für einen Druck bei mir auslöst. Oder vielleicht checkst Du es doch.

Ich hasse Dich für all die negativen Gedanken, die Du in mir auslöst. Dafür, dass Du mir erzählst, Du wolltest so nicht mehr leben. Dafür, dass Du uns manipulierst, wo Du nur kannst. Dafür, dass ich mir wünsche, Dein nächster Selbstmordversuch würde funktionieren. Damit es für Dich endlich vorbei ist. Und für uns. Weil Du es sowieso nicht schaffst. Weil Du nicht daran glaubst. Weil Du unheilbar krank bist und Dich nicht auf eine Therapie einlässt.

Ich hasse Dich dafür, dass Du meinen Kopf so vergiftest, wie Deinen Körper.

Dafür, dass Du meine bedingungslose Liebe zu Hass hast werden lassen.

Dafür, dass ich Dich vermissen muss, obwohl Du noch lebst.

Dafür, dass ich denke: „Ich würde lieber an ihr Grab gehen und Blumen niederlegen, als mir anzusehen, wie sie sich in Zeitlupe zu Grunde richtet.“

Ich hasse Dich.

Ich liebe Dich.

Ich kann nicht mehr.

Eine Antwort zu „.eVoLeTaH.“

  1. Hallo, Liebe Bloggerin! Habe deinen text schon auf fb. verteilt!! Aber, Liebe bloggerin, gib auch DU mir Deinen kommentar zu meiner web als solchen & ganz besonders zum aktuellen Artikel über das Konzertticket!! Denn ich denke, DIESES Thema get AUCH UNS Kulturschaffende ganz besonders etwas an!! Danke, Liebe tangerine & trotz alledem & Alledem!! einen ruhigen und besinnlichen 3. Adv.

    hotscha24.wordpress.com.

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